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1. Mai – Tag der Arbeit

So halten wir es auch in Zeiten von Corona. Wir arbeiten. Die Terrasse wird wohl das letzte Mal von uns selbst gestrichen. Wir sind in 10 Jahren zu alt dazu und solange wird der Anstrich auf alle Fälle halten. Es wird mich nicht mehr geben, weil ich zu den Risikopatienten gehöre. Seit Wochen nicht aus dem Haus zu gehen ist für mich keine Seltenheit, denn ich habe das auch vor Corona schon gebracht.

Weil ich mich zu wenig bewege, habe ich mir ein gebrauchtes Kettler-Bike für 15 EUR angeschafft. Ich genieße es auf der Terrasse bei Sonnenschein in die Pedale zu treten. Die Erkenntnis, dass Bewegung vor Corona schützt, hat doch einen kräftigen Schubs bewirkt.

Zuvor schon wurde mir klar, dass es auch an der Zeit wäre, die alten Winterklamotten zu beäugen, zu reinigen und wegzuräumen. Socken über Socken werden neu zusammengetan und die Unterhosen Unterhemden in gerolltem Zustand einer wunderbaren Ordnung zu geführt, wie ich sie kürzlich erst von einem Aufräum-Coach im Fernsehn erlernt habe. Es bleibt ein gutes Gefühl von Freiheit übrig und ein blauer Sack mit Ausrangiertem, zum Teil in Lumpen-geschnittenes. Wie oft braucht man einen Lappen den man auch einfach mal wegwerfen kann, zum Fahrrad putzen z. B.

Nach dem Essen und Küche sauber machen, kommt die beste Zeit des Tages – die Mittagsruhe. Warum das so ein gutes Gefühl ist, weiß ich nicht. Ich genehmige es mir einfach. Die Türen zur Sonnenterrasse stehen offen, während der Duft der frischen Farbe sich angenehm mit dem Hörspiel „Imperium“ vermischt, ins Schlafzimmer und über die weiche Zudecke in mein Ohr und Gemüt zieht. Der Autor kann schreiben – genial – ich höre und höre und schlafe dabei ein …

Maibaum – Brauchtum (Freinacht)

Der 30. April hat uns früher auf den Kirchplatz gelockt.
Es gab den schöner Brauch, das Maibaumaufstellen, bei dem das halbe Dorf zusammen kam. Die starken Männer hievten den nackten Tannenbaum nach und nach auf, der nur mit Stangen und Seilen, in ein Loch manövriert wurde. Es hätte viel passieren können, wenn der 30 m hohe Baumstamm mit der belassenen Baumkrone plötzlich durch einen Windstoß oder unvorsichtiges Handeln, zu Fall gekommen wäre. Das jedenfalls erwarteten alle mit Furcht und Wonne zugleich. Dass das Unglück jedesmal nicht eintraf, war einen Applaus wert.

Wer ein Mädchen verehrte, der stieg des nachts hinauf bis zur Dachrinne und brachte dort ein junges bunt beschleiftes junges Birken-Bäumchen an. Ich habe leider nie so eines bekommen. Ich hatte zwar Verehrer aber die warfen nur Steinchen ans Fenster und wir
quatschten ein wenig oder ich kam kurz nach unten um den ungewöhnlichen Nachbarn mit ins Fenster zu gucken. Sie waren die einzigen Leute im Umfeld, die in Miete wohnten. Sie machten ihre Vorhänge nie zu und wir erfreuten uns an den Zärtlichkeiten, die beim Entkleiden, vornehmlich durch den Ehemann vorgenommen wurden, was der lächelnden Elsässerin zu gefallen schienen.

Am nächsten Morgen, dem ersten Mai, waren zwei Baumstämme an ihre Haustüre angelehnt. Das war ein amüsanter Einfall der nächtlichen Burschen-Aktionen. Die meterlangen Stämme drückten gegen die Tür und könnten beim Öffnen auf die Füße fallen, so dachte ich. Sie gehören auf alle Fälle gewarnt, so dachte ich und wartete, bis die Fenster des Schlafzimmers aufgingen. Sie bedankten sich und gingen durch die Garage hinaus um die Baumstämme zu entfernen.

Es gäbe noch viel zu erzählen … aber das ein andermal.