Das einsame Pferd

Jahrelang stand es auf demselben Fleck und sah aus dem Fenster
Von außen immer dasselbe Bild, ein Pferdekopf in einem Rahmen.
Doch was das Pferd alles beobachtete, wusste keiner
Da waren die Nachbarn, die jeden Samstag die Straße kehrten
einmal war es die Mutter, dann die älteste Tochter und Jahre später die Jüngste.
Dann war da noch in der Bauernfamilie eine Großmutter und ein Großvater. Sie wohnten gegenüber von dem Bauernhof im Austragshäuschen.
Sie kannten das Pferd schon lange und das Pferd kannte auch sie und es wusste, dass sie im Krieg viele fremde Leute auf dem Hof hatten, die mithalfen.
Einen Rossknecht hatten sie auch, der fuhr mit den Pferden aufs Feld. Das Pferd erinnerte sich, wie schön das damals war, wenn sie auf den Äckern nebeneinander warteten. Sie konnten sich riechen.
Wenn es dann nach Hause ging, dann hatten sie einen Wagen voll Kartoffeln oder Getreide, manchmal Heu oder Stroh zu ziehen. Die Nachbar-Pferde waren zu zweit eingespannt, aber das einsame Pferd war alleine, weil sein Bauer weniger Ackerland hatte.
Einmal hörte das kleine Nachbarmädchen, dass die Bauersleute vom einsamen Pferd keine Kinder bekommen konnten und darüber traurig waren. Fast jeden Abend hörte es den Bauern schreien und manchmal schlug er auf die Tiere ein. Das Pferd hatte Angst vor seinem Herrn, darum blieb es ganz ruhig stehen, wenn er hinter ihm vorbeiging. Manchmal am Abend, wenn der Bauer gut gelaunt war, machte er das Pferd los und es durfte im Hof herumgehen. Das sah die kleine Tochter des Nachbarn und freute sich, dass es nicht nur den Kopf im Fenster sah, sondern das ganze riesige Pferd. Sie wurde groß und zog weit weg, denn sie wollte nicht, wie das Pferd immer am selben Ort bleiben. Später schrieb sie eine Geschichte über das einsame Pferd, weil es das verdient hatte, nicht vergessen zu werden.