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Poesie aus der Kindheit

Die Überschrift aus dem letzten Beitrag erinnert mich an meine erste Lektüre. Das waren aus schwarzem Tonpapier, durch eine Kordel zusammengehaltene Einzelblätter, die man mit Klebebildern aus den verschiedensten Märchen bestücken konnte. Diese Bildchen bekam man als Rabattmarken in seinem Lebensmittelgeschäft, wenn bestimmte Artikel, wie Kaffee, gekauft wurden.

Sonst hatte ich nichts, außer den Struwwelpeter und Max und Moritz oder noch das übliche Hainzelmännchenbuch oder Meggi im Schlaraffenland. Das wars… bis man zur Schule kam. Dort gab es die Lesebücher mit den eindringlichen Lerntexten, die eher uninteressant waren.

Die ältere Schwester las und las, was bei unserer Mutter nicht gut ankam. Deswegen habe ich erst garnicht damit angefangen. Es interessierten mich einfach keine erdachten Geschichten. Mein Alltag war spannend genug.

Poesie Alben aus der Kindheit

Schade, dass ich mein Poesiealbum irgendwann entsorgt habe.
Dafür haben wir einen Bildband beim letzten Klassentreffen bekommen.
Wir hatten uns dafür entschieden, weil wir uns seit über 20 Jahren immer wieder mal treffen und schon einige Schulfreunde verstorben sind. Es gab viele Erinnerungsfotos – also rein damit in ein schönes dickes Buch, gebunden und 80 EUR teuer.

Ich weiß nicht, aber ich glaube, der erste war Gise, der in seinem Urlaubshotel des nachts in den Pool sprang und verstarb. Er war knapp über vierzig. Weitere Freunde starben zuletzt an Krebs. Schon seit den Sechzigern versterben die Leute an den Folgen von Krebs – auch meine Eltern und Tanten. Woran mag das liegen? An den frühen Unfällen im Atomkraftwerk? Mag sein.
Ich bin jedenfalls weggezogen, augenscheinlich vom Regen in die Traufe. Denn ich erlebte hier in Oberbayern den Regen aus der Atomwolke von Tschernobyl. Gerade glücklich verheiratet und schwanger. Mein Lebensmittelgeschäft hat mich fast rund um die Uhr beschäftigt und ich besorgte einen Geigerzähler, damit ich die Joghurts messen konnte.

Die Unsicherheit war damals sehr groß. Wir gründeten Kaufgruppen und nahmen jeder einen Sack Trockenmilch für die Kinder ab. Die Bauern schütteten ihre Milch in den Kanal, was dann verboten wurde, weil das Grundwasser konterminiert werden würde. Salate aus dem Garten durfte man nicht mehr essen. Die älteren Leute machten sich nichts draus und trotz Warnung, fuhren die Schwiegereltern in die verstrahlte DDR. Nach einer Woche Urlaub bei den Verwandten, verstarben sie beide ein paar Jahre später an Krebs. Zufall?

Friedliche Begegnung

Die Taube leis den Sonntag ziert,
der Kuckuck war´s bei mir.

Eine Begegnung in whatsapp, die ich heute mit einem lieben Verwandten aus alten Tagen hatte, ermutigte mich, ein kleines Gedicht zu schreiben. Aber weit bin ich nicht gekommen… wie man sieht.

Es ist so eine gute Möglichkeit, durch die technischen Errungenschaften, alte Freundschaften wieder erblühen zu lassen.

Jeder hat sich zu einem Menschen entwickelt, den man so noch nicht kannte.

Das Alte ist vergangen und es kommt das zum Vorschein was blieb: Das Gute behaltet, das Schlechte vergesst…

Dabei ist es möglich, sich des Unguten zu besinnen und um Vergebung bitten. Das werde ich tun… denn mir ist etwas eingefallen.